Donnerstag, 27. September 2007
Schmarotzer, Terroristen und Flüssigsprengstoff
Manchmal kommt man sich in der BVG vor wie in einem bizarren Traum.

Der hat jedoch trotz aller surrealen Inhalte immer irgendwie eine Kohärenz, eine innere Ordnung sozusagen wie unsere innere Uhr oder auch wie Murphys Gesetz, das in diesem Fall lautet: wenn schon, dann aber richtig!

Das Gesetz der Serie besagt weise, dass alles so kommen muss. Und so steigst Du wissend in die U-Bahn der BVG und läßt Dich terrorisieren, obwohl Dr. Sch. uns angeblich alle vor dem Terror schützen will, indem er uns einen Überwachungschip mit integrierter Kamera einpflanzen läßt und uns eine Cruise Missile in den Arsch jagt, wenn wir mit Air Berlin aus Mallorca zurückfliegen.

Die innere Kohärenz der BVG sieht folgendermaßen aus:

Morgens drängst Du Dich mit den hunderttausenden Werktätigen in den Waggons und triffst nur ab und zu besoffene Leistungsempfänger, die dort ausschlafen. Sodann kommen die Kopfgeldjäger der BVG, die auf der Suche nach Beute sind, weil sie ja ihre Fangquoten und -prämien sicherstellen müssen. (Die Geschäfte laufen offenbar schlecht, denn es sind jetzt deutlich weniger BVG-Kopfgeldjäger unterwegs als noch letztes Jahr.) Kaum sind die widerlichen Kopfgeldjäger weg, kommen die Radfahrer und schieben Dir ihre verdreckten Räder an die Hose oder zwischen die Beine. Die meisten von ihnen sichern ihre Dreckräder dann auch nicht, so daß dann gelegentlich auch mal so ein Stück auf Dich drauffällt. Egal, in unserer Gesellschaft lebt sowieso jeder auf Kosten des Anderen, also was soll übertriebenes Sozialverhalten?
Verdreckt, verschwitzt, lädiert und erschöpft kommst Du hoffentlich ohne Störungen im Bahnbetrieb ans Ziel, um weiter Steuern zahlen zu können, die den dahinsiechenden Staat noch eine Verschnaufpause verschaffen.

Nach getaner Arbeit hetzt Du dann die Treppen herunter, während der BVG-Fahrer grinsend in letzter Sekunde den Türknopf betätigt, damit Du nicht mitkommen kannst und auf die nächste Bahn warten mußt. Die kommt dann natürlich in einem späteren Takt. Du steigst ein und suchst Dir erschöpft eine Ecke zum Anlehnen, packst Deinen iPod aus, um mit der eigenen Musik im Ohr gegen den kreischenden Sound des Handys vom Prollteeny neben Dir anzugehen. Doch schon in der nächsten Station kommen die lustigen Stadtmusikanten, um Dich zu davon zu überzeugen, daß Deine Musik Scheiße ist und Du lieber ihnen bei ihrem exakt ausgerechneten Musikstück zuhören oder weghören sollst. Gegen eine kleine Gebühr gehen sie dann auch sofort aus dem Wagen im nächsten Bahnhof - wo sofort jemand mit leiernder Stimme einsteigt, der Dir entweder den "Straßenfeger" oder ein andere reisserische Obdachlosenzeitung andrehen will, die keine Sau braucht, geschweige denn liest. Sobald der weg ist, kommt ein anderer, der dir in gleicher Leier erzählt, daß er diesmal leider nicht genügend Stammkapital hatte, um sich diese nutzlosen Blätter zu beschaffen und sie dir anzudienen. Schon eine kleine Spende hülfe ihm, auch etwas zu essen oder zu trinken - wobei man das nicht so ernst nehmen sollte, denn tatsächlich möchten die Leute doch ihre Autonomie gewahrt wissen und die Spenden selbst verwalten. In Bier zum Beispiel.
Ist der Leierkasten weg, freust Du Dich schon auf den nächsten Bahnhof - es sind nur noch 3 Stationen bis nachhause. Da steigt der erste halbwüchsige Wichser Teenager halb ein, der aber noch mit seinem Kumpel auf dem Bahnsteig ein Geschäft unter Dach und Fach bringen und deswegen die Türen aufhalten muß. Du unterdrückst den zwanghaften Wunsch, ihn mit einem kräftigen Tritt ins Kreuz hinauszubefördern, damit die U-Bahn weiterfahren kann. An der nächsten Station geht es nicht weiter, weil natürlich Dein Zug auf einen Anschlußzug wartet - umgekehrt passiert das selbstverständlich nie, weil es bei U-Bahnen genauso zugeht wie im Richtigen Leben: auch dort sind einige Linien gleicher als andere.
Endlich kommt Deine Station, die Türen öffnen sich - und Du stehst einer Barriere von hirnlosen Zombies gegenüber, die nicht begreifen, daß man in Fahrstühlen und Zügen zuerst die Leute rausläßt, bevor man sinnvoll selbst einsteigen kann. Kaum, daß Du den Ausstieg geschafft hast, spricht Dich ein weiterer Schmarotzer an, der Deine Fahrkarte haben will, um sie an jemand anderen verkaufen zu können. Ein Fahrkarten-Makler, der es nicht zur Börse oder mit Wohnungen geschafft hat.
Du gehst den langen Tunnel zum Ausgang entlang, in dem jetzt weitere Halbwüchsige die physikalische Eigenschaft des Echos entdecken und dort schrill pfeifen oder Knaller herumwerfen. An der Treppe erwarten Dich auch schon die arabischen Jungs, deren halbflüssige und -schleimige giftige Rotzhaufen Du bereits die ganze Zeit im Slalom umgangen hattest. Sie sabbern dort die Treppenstufen voll und warten auf kopftuchlose Mädchen, um sie von ihren Bulleneiern zu überzeugen und schlaue Sprüche in das Universum der Inhaltsleere auszuseiern.

Wenn Du es jetzt noch schaffst, oben lebend über die Ampel zu gehen, hast Du es fast geschafft. Dann kannst Du schon heute Abend der russischen Jugendgang entgegentreten, falls Du unbedingt ausgehen willst. Aber auf jeden Fall kannst Du schon mal für den nächsten Tag auftanken.

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